Das war eine lange Pause vom Grundeinkommen. Mich hat das Thema jedoch in der Zwischenzeit nicht losgelassen und ich möchte hier noch eine kurze Auswertung meiner Online-Umfrage nachliefern. Das Ergebnis erlaubt Schlüsse auf die Zustimmung zu einer negativen Einkommensteuer.
Zwischen dem 25. November 2011 und dem 15. Januar 2012 habe ich unter dieser Adresse eine Umfrage zur Akzeptanz des Sozialstaats durchgeführt. Eine Auswertung der Antworten der 281 Teilnehmer folgt in Kürze!
Ich fand meine erste Krönungsaktion sehr spannend. Wir waren zu acht in der Leipziger Innenstadt. Ich schätze mal, ich selbst habe in drei Stunden 100 Kronen verteilt und mit vielleicht 50 Menschen mehr oder weniger lang über das Grundeinkommen geredet.
Ich bin leider erst heute dazu gekommen, mir die Aufzeichnung aus dem Bundestag anzusehen. Wer das noch nicht getan hat, sollte etwa 80 Minuten für das Video auf der Website des Bundestags mitbringen. Ich hatte erwartet, dass das Grundeinkommen in Grund und Boden geredet wird und nicht viel dabei herauskommt. Aber weit gefehlt.
Ich war vergangene Woche zufällig in Hamburg und hab mir da die Veranstaltung zum Grundeinkommen am 23. September im Kampnagel natürlich nicht entgehen lassen. Erstmal ein Eindruck: Die Veranstaltung war extrem gut besucht – hätte nicht gedacht, dass das Thema Grundeinkommen schon so verbreitet ist. Interessant war vor allem, dass ein Sessel auf der Bühne frei für Gäste aus dem Publikum war. Hier nun einige kurze Auszüge von Kommentaren, die von diesem Sessel aus kamen.
Susanne Wiest fragt noch bis zum 8. November 2010 die Leser ihres Blogs, wie hoch das Grundeinkommen ausfallen soll. Zur Wahl stehen 800, 1.000, 1.200 und 1.500 Euro. Hier mal ein kleiner Zwischenstand:
1.500 Euro überwiegen eindeutig – 800 schneiden am schlechtesten ab. Am 10. Juli begründete Wiest in einem Blog-Eintrag, warum 900 Euro nicht reichen und hat damit vielleicht den Grundstein zu dem Ergebnis der Umfrage geliefert. Ich finde, die Begründung hinkt etwas. Ja, es ist richtig, dass 900 Euro nicht viel sind, wenn man Vollzeit beschäftigt ist. Doch wir sprechen hier von Grundeinkommen – völlig ohne Arbeit. Jeder hat dann noch genügend Zeit, etwas hinzuzuverdienen. So wie es Susanne Wiest selbst auch heute bei Facebook geschrieben hat:
Ich gehe außerdem davon aus, dass jeder Mensch ein Grundeinkommen erhält, auch Kinder. Familien bräuchten sich also nicht zu sorgen. Ich plädiere deshalb dafür, keinen Luxus für jeden einzuführen, sondern realisitisch zu bleiben. Wir sollten ein finanzierbares und deshalb durchführbares Grundeinkommen von 800 Euro fordern und dafür alle Lohnnebenkosten und Steuern auf Arbeit abschaffen – dann gäbe es auch wieder genügend Anreize, Arbeit anzubieten und anzunehmen – ganz ohne staatliche Eingriffe. Einige hundert Euro Zuverdienst sollten dadurch selbst für unqualifizierte Arbeitskräfte zu schaffen sein.
Jeder zahlt, keiner kann sich entziehen. Auch wenn ich den Sinn von öffentlich-rechtlichem Rundfunk nicht infrage stellen möchte, so erschließt sich mir nicht genau, was diese Reform des Rundfunkgebühreneinzugs eigentlich bringt. Ab 2013 gibt es nach dem gestrigen Beschluss eine allgemeine Haushaltsabgabe und niemand muss mehr seinen Fernseher verstecken. Dass jemand, der allein wohnt, genauso viel bezahlen soll wie eine große WG, hört sich jedoch weniger zweckmäßig an als die bisherige Praxis. Außerdem wird der Kontrollaufwand nicht geringer. Jürn Kruse bemerkt in der Taz ganz richtig, dass künftig nur andere Fragen gestellt werden: „Wer wohnt wo? Ist der Zweitwohnsitz wirklich ein Zweitwohnsitz? Wieviele Mitarbeiter arbeiten eigentlich wirklich in diesem Betrieb? Und sollten die vielen freien Mitarbeiter nicht hinzugezählt werden?“
Wie wäre es statt altem oder neuem Gebühreneinzug mit einem kleinen Grundeinkommen – nicht ausgezahlt, sondern als Förderung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Und die Finanzierung wäre sehr simpel ohne weiteren bürokratischen Aufwand möglich. 2008 erhielten die öffentlich-rechtlichen Anstalten 7,3 Milliarden Euro aus Gebühren. Im selben Jahr flossen 176 Milliarden Euro aus der der Umsatzsteuer in den Staatshaushalt. Statt Gebühreneinzug bekommen die Sender gut einen halben Prozentpunkt der Mehrwertsteuereinnahmen. Neben einem Wegfall des negativen Grundeinkommens hätte diese Art der Finanzierung zwei weitere Vorteile: Zum Einen passt sie sich der Inflation automatisch an, zum Anderen ist sie sozial gerecht – Leistungsstarke bezahlen mehr. Und ein Großteil der eingesparten Gebühren dürfte direkt in den Konsum fließen, weshalb der Staat kaum mit weniger Einnahmen aus der Mehrwertsteuer auskommen muss.
Seien wir realistisch: Das Grundeinkommen wird nicht von heute auf morgen einfach eingeführt. Wir sollten deshalb besser kleine Teilziele anstreben, als am großen Ganzen zu scheitern. Es gibt zwei Stellschrauben, das Grundeinkommen schrittweise einzuführen: seine Höhe, sowie seine Beschränkung auf bestimmte Personengruppen. Rentner sind eine solche Gruppe. Warum Rentner? Einfach der Gerechtigkeit halber. „Grundeinkommen für Ältere schon heute machbar“ weiterlesen
Brasilien hat schon mal klein angefangen, Deutschland diskutiert noch. Einen weiteren Vorschlag, wie das Grundeinkommen aussehen soll, hat die SPD aus dem Rhein-Erft-Kreis bei Köln vor zwei Wochen vorgestellt. Eine negative Einkommenssteuer soll zu wenigstens 800 Euro pro Monat für Erwachsene, 500 für Kinder und einer steuerfinanzierten Krankenkasse führen.
Das Ausmaß von Übergewicht, Kriminalität, Teenager-Schwangerschaften und einer Reihe von anderen sozialen Problemen sind zwei britischen Forschern zufolge maßgeblich von einer Größe abhängig: der Einkommensungleichheit. Das schreiben unter anderem aktuell die Taz und schon vor längerer Zeit der Guardian.
Richard Wilkinson und Kate Pickett haben für ihr Buch „Spirit Level: Why Equality is better for Everyone“ ganz einfach statistische Daten von Weltbank, Weltgesundheitsorganisation, Vereinten Nationen und anderen anerkannten Organisationen ausgewertet. Die Verbindung zum Grundeinkommen stellen sie nicht her. Deshalb mache ich das.