Westerwelle sucht nach dem Grundeinkommen

Der Ausdruck von „spätrömischer Dekadenz“ schlägt in Deutschland derzeit Westerwellen. Hartz IV sei dem Außenminister zufolge zu hoch, Arbeit im niedrigen Lohnsektor würde sich dadurch nicht mehr lohnen. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil eine Revision von Hartz IV und erstmals auch ein menschenwürdiges Existenzminimum gefordert. Es gibt eine Lösung für die Probleme der Menschen mit Hartz IV und für Herrn Westerwelle. Sie heißt Grundeinkommen.

Aus dem Beitrag von Guido Westerwelle in der Welt

Doch zunächst eine kleine Anmerkung: Spätrömische Dekadenz meint den Verfall des Römischen Reiches. Dekadenz kommt von Abstieg oder Fall. Diese Zeit wurde im Nachhinein mit dem Begriff belegt und sollte symbolisieren, dass es auch anders, eben besser, hätte kommen können. Der Begriff wurde weiterhin recht schwammig benutzt. Grundsätzlich ist immer alles Negative damit gemeint, obwohl nicht genau erklärt wird, wie genau es denn nun besser sein könnte.

Regent Westerwelle prangert doch tatsächlich die Höhe von Hartz IV an, wenn er sagt: „Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“ Doch die eigentliche Ungerechtigkeit, von der er zuvor spricht, ist doch die, dass Menschen, die nicht vom Sozialstaat leben, teilweise noch weniger haben. „Wer kellnert, verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekommt im Schnitt 109 Euro weniger im Monat, als wenn er oder sie Hartz IV bezöge“, zieht Westerwelle den Vergleich.

Vielleicht sollte der FDP-Chef mal über ein bedingungsloses Grundeinkommen nachdenken. Ja, es ist richtig, dass sich Arbeit derzeit in vielen Fällen nicht lohnt. Doch der Schluss, denen, die wenig haben und nicht arbeiten, etwas wegzunehmen, damit die, die noch weniger haben und arbeiten, im Vergleich wieder mehr haben, ist einfach nur pervers.

Warum nicht allen Menschen das menschenwürdige Existenzminimum auszahlen und gleichzeitig alle Abgaben auf Arbeit abschaffen? So könnte ohne Sozialstaatsfalle jeder hinzuverdiente Euro in den Taschen der arbeitenden Bevölkerung landen. Über hohe Konsumsteuern, besonders auf umweltschädliche und luxuriöse Artikel, wie zum Beispiel riesige Autos, wäre das Ganze sogar finanzierbar. Nur wenn wir so weitermachen wie bisher, wird diese Gesellschaft das erleben, was Westerwelle mit den Worten „spätrömische Dekadenz“ bezeichnet.

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